Der Luchbergturm

Am 5. Mai d. J. beschloß der Erzgebirgs-Zweigverein Dippoldiswalde-Frauenstein, auf dem 582 Meter hohen Luchberge, einem isoliert stehenden Basaltkegel des Erzgebirges, einen Aussichtsturm zu erbauen, und bereits am 26. Juni konnte die Einweihung desselben vorgenommen werden, über welche verregnete Feier wir seiner Zeit berichteten.

Keinesfalls wäre in so kurzer Zeit ein so glänzendes Resultat erreicht worden, wenn sich außer dem ausführenden Verein nicht noch Andere für den Bau interessiert hätten, und denselben mit allen Kräften förderten. Zunächst war dies Hr. Gutsbes. Scheffler in Luchau, der Eigentümer des Berges, der in zuvorkommendster Weise die Erlaubnis zum Bau gab und während dessen, im Verein mit Hrn. Erbrichter Petzold, oft selbst mit Hand anlegte, um das Bauwerk baldigst zu vollenden; sodann waren es sämtliche umliegende Gemeinden, die durch reichliche Geldunterstützungen den Verein zu seinem Unternehmen kräftig an die Hand gingen, wie auch die Bewohner von Luchau durch Handleistungen und Fuhren auf alle erdenkliche Weise den Bau förderten. Alle diese Faktoren vereinigten sich und schufen in der kurzen Spanne Zeit von nicht ganz 8 Wochen einen Aussichtspunkt, von dem das entzückte Auge des Besuchers weit über Sachsens gesegnete Fluren streifen kann.

Was den Turm selbst anlangt, so beträgt die Höhe bis zu der circa 10 □m Fläche enthaltenden und circa 16 Personen bequem Raum bietenden Zinne, zu welcher 55 Stufen in 4 Treppenarmen führen, genau 11,00 m, so daß bei 582 m Berg- und 1,7 m Manneshöhe, sich der Augenpunkt des Beschauers 594,7 m über dem Spiegel des Meeres befindet.

Die Finanzlage des Vereins bedingte von vornherein, daß mit möglichst wenig Kosten die entsprechende Höhe von 11,00 m erreicht werde, so daß sich ganz von selbst das „Holz“ als Verwendungsmaterial ergab.

Der Erbauer, Herr Baumeister Otto Schmidt in Dippoldiswalde, ging davon aus, dem Sturm als heftigsten Gegner derartiger Bauten, möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, was dadurch möglich wurde, daß das Gerüst nicht als aus einzelnen Etagen bestehend, sondern nur einen Körper bildend, konstruiert wurde, denen die Schwellen als Fuß und das Gebälk der Zinne als Schluß dient. Die 4 Wände von 3,40 m untere und 2,30 m obere Seitenlänge, welche durch Halbhölzer im Dreieckssystem verstrebt sind, umschließen einen vollständig hohlen Raum, von unten bis oben, in welchem der Treppenaufgang nachträglich eingebaut werden konnte. Bei Verbindung der einzelnen Hölzer ist jede Verzapfung vermieden, dieselben liegen sämtlich nur aneinander und sind mit eisernen Bolzen verschraubt, so daß der schädlichen Wasseransammlung keine Gelegenheit geboten ist. Das ganze ist mit Holzteer gestrichen.

Die Fundierung geschah in folgender Weise: 4 große Quader, zusammen 40 Ctr. wiegend, dienen den Kreuzungspunkten der Langschwellen, auf denen die 4 Ecksäulen stehen, als Lage, diese sind zu ¾ ihrer Stärke in das feste Gestein des Berges versenkt und dort eingemauert; je ein langer Grundanker bildet, mit dem Kopf unter dem Quader, diesen und die Schwellen durchlaufend und an der Säule emporreichend und mit letzterer verschraubt, die Verbindung zwischen Quader und Gerüst, so daß das Ganze sämtlich an den Berg angeschraubt erscheint. Der Bau macht bei aller Einfachheit einen soliden, das Gefühl der Sicherheit anregenden Eindruck, und ist bei größtem Sturm eine Bewegung nicht zu beobachten.

Zu dem Turme wurden an Holz verbraucht: ca. 15 Festmeter Stammholz; 16 Stück Stangen, 10 cm stark; 25 laufende Meter Pfosten, 70 mm stark; 30 Stück Bretter, 4 ½ m lang, 30 mm stark; 10 Stück Verschlagbretter, bei gleicher Länge 20 mm stark; 24 Stück Schwarten, ebenfalls 4 ½ m lang; dann waren erforderlich 12 Kilo Drahtnägel, 130 Stück geschmiedete Nägel und 35 Stück eiserne Klammern, 4 Grundanker mit Zubehör, 93 Mutterschrauben und 4 Zapfen, im Gewichte von 268 ½ Pfund. 60 Kilo Holzteer waren nöthig, um den Turm zu bestreichen und möglichst wasserdicht zu machen.

Die Schlußrechnung über den Turmbau ist noch nicht gemacht; doch dürfte derselbe Alles in Allem einen Aufwand von wenigstens 1100 Mark erfordert haben. Außer den erwähnten Beiträgen der Gemeinden, wird der Löwenanteil selbstverständlich auf den Gebirgsverein fallen, wie man auch hofft, vom Gesamt-Erzgebirgsverein eine namhafte Unterstützung zu erhalten. Das dann etwa noch entstehende Defizit wird durch jährlich auszuloosende Anteilscheine gedeckt werden.

Der Besuch des Turmes ist so billig als möglich gestellt und beträgt für die Person 10 Pf.; Marken werden in den Gasthöfen von Niederfrauendorf und Luchau verkauft, wo auch die Turmschlüssel niedergelegt sind. Ganze Schulklassen erhalten eine entsprechende Eintrittsermäßigung, wenn sie sich zuvor an den Vorstand des Vereins (Vorsitzend. Herr Lehrer Stein in Dippoldiswalde) wenden; die Markenverkaufsstellen sind nicht berechtigt, irgend eine Vergünstigung zu gewähren.

Betreten wir die Plattform des Turmes, so erblicken wir, den Horizont begrenzend, im Süden beginnend und nach Westen fortschreitend, den Geising, Ebersdorfer Kirche und Mückentürmchen, Altenberg, die Friedrichshöhe und schwarze Tellkoppe, weiter den Kohlberg, (Frauenstein ist nicht sichtbar), die Gegend von Freiberg und Klingenberg, daneben in weiter Ferne den Kolmberg bei Oschatz, dann die Umgebungen von Meißen und Großenhain und die Dresdner Haide, der Valtenberg bei Bischofswerda, daran reiht sich das Lausitzer Gebirge, die ganze sächsische Schweiz, die Lausche, der Jeschken bei Reichenberg in Böhmen, der Rosenberg bei Tetschen, der hohe Schneeberg mit seinem Turm, und mit dem Sattelberg haben wir die Rundsicht vollendet. Diese flüchtig skizzierte Begrenzung des Horizonts umfaßt einen gesegneten Teil unseres Vaterlandes und läßt es wohl wert erscheinen, dem Luchberge einen Besuch abzustatten. Auf die Einzelheiten der sich bietenden Rundsicht näher einzugehen, verbietet uns heute der Raum; doch kommen wir auf dieselbe zurück, wenn das jetzt in Arbeit befindliche Panorama durch den Druck vervielfältigt vor uns liegen wird, was wohl in den nächsten Wochen der Fall sein dürfte.

Der Gebirgsverein Dippoldiswalde-Frauenstein hatte beabsichtigt, am 4. September zur 50jährigen Feier der Konstitution auf dem Luchberge ein Konzert zu veranstalten; da aber in Dippoldiswalde und auch in Glashütte an diesem Tage besondere größere Veranstaltungen stattfinden, ein zahlreicher Besuch demnach schwerlich zu erwarten steht, hat sich der Verein leider entschließen müssen, das Konzert auf den 18. September zu verlegen. Zu diesem Tage beabsichtigt man auch, die umliegenden Sektionen des Gebirgsvereins für die sächsisch-böhmische Schweiz einzuladen, und hofft man bei halbwegs leidlichem Wetter auf die lebhafteste Unterstützung der Bewohner hiesiger Gegend wie der näher und ferner liegenden Brudervereine.

Quelle: Glückauf! Organ des Erzgebirgsvereins. 1. Jg. Nr. 9 v. 15. September 1881, S. 84 – 86

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