Alt-Annaberg.

Erzgebirgisches Sonntagsblatt 120. Jahrgang, Nr. 6, 13. Februar 1927, S. 5

Die Johannisgasse um 1870.
Nach einer alten Handzeichnung von Arno Zickler.

Wann die Johannisgasse ihren Namen erhalten hat, steht nicht genau fest; sicher ist jedoch, daß sie 1897 offiziell erst so benannt wurde, früher aber allgemein als „Untere Buchhölzer Gasse” bezeichnet wurde. Unser Bild ist die Wiedergabe einer Handzeichnung des Schlossermeisters Arno Zickler, aus dem Beginne der 1870er Jahre stammend, und zeigt uns anschaulich den Ort seiner Jugendjahre. Am rechten Bildrande erblicken wir den sog. „Bamberg-Garten”, in dessen Vordergrund jetzt die „Villa Clara” steht. Den Eingang zu dem genannten Garten bildete ein Eingangshäuschen mit Sitzbänken an den Wänden; über der Tür war eine große Glocke angebracht, deren Ertönen die uneingeladene Jugend rechtzeitig vor der Fortsetzung etwaigen Obstdiebstahls warnte. Wo dann nach links hin die Mauer an das benachbarte Grundstück anstößt, war der Ausgang des „Stufenpförtel-Weges”, dessen oberer Teil noch heute als „Brunnengasse” bekannt ist; den unteren Teil bildete das Stufenpförtchen in der Stadtmauer. Daneben sehen wir den alten Marstall, auch Poststall genannt, auf dem sich jetzt das Kaiser’sche Geschäfts- und Wohnhaus (Johannisgasse 15) erhebt. Vordem gehörte der alte Poststall dem Postmeister Reiche-Eisenstuck. Er hatte eine Hofeinfahrt, im Hofe selbst zwei Wagenremisen und Stallung für 24 Pferde; weitere 8 Pferde konnten in dem ehemaligen Postgebäude (jetzt Buchholzer Straße 5) untergebracht werden. — An den Poststall schloß sich das Zickler’sche Grundstück, dessen wir bereits in Nr. 51 des „I. E. S.” gedachten, an; in dessen Kellergeschoß befanden sich die Werkstellen für Schlosserei und Feilenhauerei, im Erdgeschoß die Zickler’sche und Zimmermann’sche Wohnung, sowie im Erker noch drei Wohnungen. —

Das nächstfolgende Haus (Johannisgasse 13) war das des Tischlermeisters Robert Meixner, in seiner früheren Gestalt noch ziemlich erhalten. Das letzte der drei Erkerhäuser (jetzt Johannisgasse 11) gehörte dem Maurermeister Johann Schreiter und bot noch Raum für drei Mietwohnungen. Die genannten Grundstücke hatten nach der Stadtmauer zu ansehnliche Gärten, wie auch weiter oberhalb an der Johannisgasse die Gärten des Apothekers Bretschneider, Kürschnermeister Hilscher und Bankiers Gerber lagen. —

Die linke Seite des Bildes zeigt zunächst gegenüber dem Schreiter’schen Hause die Gartenmauer von Theodor Saupe (jetzt O. Schaarschmidt, Buchholzer Straße 20); in dieser Mauer befand sich früher ein Keller mit einem Wassertrog. Dann folgt der „Kupfersteig“ (nach der Buchholzer Straße zu) und diesseits davon das Haus des Schuhmachermeisters Heinrich Roch (jetzt Hintergebäude von Gustav Steinert) mit der Wohnung im 1. Stock und im Erdgeschoß der Wohnung seines Sohnes Carl Roch, der Senffabrikation betrieb. Der Gartenzaun (links) gehörte zum ehemaligen Garten des Bäckermeisters Göbel.

Die Johannisgasse war in der Längsrichtung durch eine Mauer in zwei Teile geschieden, deren oberer — mit Gras bewachsener — Teil, „Rand“ genannt, auch für Fuhrwerke zugänglich war. Der Hintergrund der Zeichnung deutet die Annaberg gegenüber liegenden Höhenzüge mit der Teufelskanzel, dem letzten Heller und der Bäuerin an.