Erzgebirgisches Sonntagsblatt 119. Jahrgang, Nr. 37, 12. September 1926, S. 6
Segen der „lichtscheuen” Drückeberger.
In einer Bekanntmachung des Stadtrats vom 2. Januar 1837 heißt es folgendermaßen:
„Es ist wohl als hinlänglich bekannt anzunehmen, daß infolge amtshauptmannschaftlich abgeforderter Erklärung die zur Unterhaltung der vormaligen Stadtsoldaten verwilligt gewesenen Beiträge durch Stimmenmehrheit einer löbl. Bürgerschaft zur Errichtung und Unterhaltung einer Straßenbeleuchtung bestimmt und verwilligt worden sind. Dadurch ist eine Anstalt ins Leben getreten, die, ob sie wohl noch manche Verbesserung zuläßt, gleichwohl schon auch in dem damaligen Zustande gewiß jedem willkommen ist, der das Bedürfnis und die Anforderungen unserer Zeit nicht unbeachtet läßt.
Gleichwohl haben zeither einzelne Personen versucht, ihre Beiträge teils herabzusetzen, teils ganz aufzuheben, und zur Rechtfertigung dieser Absicht die Unvollständigkeit der Straßenbeleuchtung als Vorwand gebraucht.
Daß hierbei die Befreiung von diesen Beiträgen wohl als die Hauptursache, der bessere Zustand der Beleuchtung hiergegen als Nebensache gilt, möchte wohl kaum zu verkennen sein; denn es liegt klar am Tage, daß vorhandenen Mängeln nur dann abgeholfen werden kann, wenn die verwilligten Beiträge (worauf die ganze Anstalt basiert ist) ihr regelmäßig und ohne Verkürzung zufließen, so wird überhaupt eine immer vollständigere Einrichtung nur mit vermehrten, nicht aber mit verminderten Beiträgen erzielt werden kann. Indessen sind auch die vergeblichen Mängel keineswegs in solcher Art vorhanden, daß dadurch jene beabsichtigten Versuche gerechtfertigt werden könnten, denn wenn man bei Aufsuchung derselben die vorhandenen Mittel mit dem Erfolg vergleicht und dabei nicht unbeachtet läßt, daß es öfters und vorzüglich bei stürmischen Wintertagen zuweilen rein unmöglich ist, das Licht in den Laternen zum Brennen zu bringen, oder wenn es gelungen, das baldige Verlöschen derselben zu verhindern, daß ferner bei Schneegestöber und großer Kälte der Schein des Lichtes durch das Anlaufen des Glases sehr geschwächt wird, so möchte sich nach Berücksichtigung aller dieser nicht zu verhindernden Umstände wohl kaum ein anderer Mangel als der einer besseren Unterstützung herausstellen lassen.
Mögen daher alle diejenigen, welche zeither ihre Beiträge unter dem obenangegebenen Ausflüchten zurückhielten, sich überzeugen, daß sie ihrer eingegangenen Verbindlichkeit nicht entbunden werden können, ohne die Anstalt einer gänzlichen Auflösung entgegen zu führen, und daß sie es sich selbst beizumessen haben werden, wenn wegen dieser Rückstände anderweitige Maßregeln ergriffen werden müssen.”
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Seit 1692 hatte man in Annaberg an den meisten Eckhäusern auf Anordnung des Rates blecherne Pfannen, welche im Gebrauchsfalle, „bei vorkommender Gefahr”, meist mit Pech oder Kienholz angefüllt wurden, um im brennenden Zustande einigermaßen die grausige Finsternis zu verscheuchen. Natürlich war diese kostspielige Neuerung keineswegs jeden Nacht in Betrieb gesetzt. „Bei „vorfallender Gefahr”, bei Festen und nächtlichem Aufenthalte fürstlichen Besuches in der Stadt wurden Straße und Plätze so erleuchtet.” —
Am Anfange des 18. Jahrhunderts stellte man am Markt und in der Wolkensteiner Straße auf Pfählen Laternen auf. Zu Beginn des vergangenen Säkulums traten dann Hängelaternen an ausgespannten Seilen in den Straßenmitten an ihre Stelle. Die Buchholzer Straße hatte deren drei, die untere Große Kirchgasse zwei. Die Kosten deckten die Anwohner der Straßen (vergleiche obige Bekanntmachung). Die Straßenbeleuchtung aus freiwilligen Beiträgen geschah bis 1843 noch mit 30 Oellaternen; zur Beleuchtung des Marktplatzes gewährte die Stadtkasse 30 Taler. Von 1844 an deckte die Gemeinde die Kosten für die öffentliche Beleuchtung ausschließlich. Nach Errichtung der Leuchtgasfabrik am Benkertberge (dort, wo jetzt das Stadttheater steht) am 3.11.1854, wurden im Jahre 1867 fast alle Oellaternen beseitigt und 154 Gasstraßenlaternen aufgestellt, die (nach Aufgabe der Holzgasherstellung) mit Steinkohlengas gespeist wurden. Nach Ablauf der 30jährigen Konzession wurde dann 1884 die städtische Gasanstalt an der Talstraße (das heutige Ferngaswerk) errichtet und verschiedentlich erweitert. Wie sich dann unsere Straßenbeleuchtung in den letzten zwei Jahrzehnten — insbesondere auch durch Inanspruchnahme des 1908/09 errichteten städt. Elektrizitätswerkes — weiter vervollkommt hat, ist uns Allen wohlbekannt. —
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