Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 23 – Sonntag, den 3. Juni 1928, S. 2 – 3.
(Fortsetzung und Schluß.)
- Soll er zu dem „Meister Essen” Ein Guth tüchtig Viertel Bier verschaffen, ingleichen Ein Guth Gericht Fleisch, Schw. (eins) Bratten, Ein Zugemüß und Kuchen und Brandwein (geben).
- Den andern Tag, wenn Er zum Meister gesprochen wird, soll er geben: Ein Gericht Fleisch, zwey Bratten, Ein Zugemüß, deßgleichen die MeisterKanne voll Bier füllen laßen.
- Soll auch eines Meisters Sohn vergönnet seyn, daß Meistermahl bey seinem Vater oder in seiner Behausung außzurichten, Ein Frembder aber soll es geben bey dem Vormeister. Ingleichen soll einer, der eines Meisters Tochter Heyrathet, alle dasjenige, was in diesen puncten verfaßet ist, auch genießen.
Ein 2. „Contract” trifft Bestimmungen über Anfertigung von Meisterstücken, die in Riß, Schnitt und Herstellung ausgeführt werden mußten. Ein „Mannsenschneider” hatte entweder einen Oberrock oder einen Frack oder ein Paar Beinkleider zu liefern, ein „Weibsenschneider” sollte machen: ein Frauenkleid, einen Schnürleib oder sonst ein brauchbares Stück.
„2. Werden die Meisterstücke bei dem Obermeister angemeßen und zugeschnitten (und Fremde müßen es auch allda anfertigen), nach dem Schnitt wird das Maß in die Lade geschloßen; nach Fertigung der Meisterstücke werden sie (dem sie angemessen worden sind) anprobirt, vor dem versammelten Handwerk, und aufgewiesen, die Beschaffenheit der an diesen Meisterstücken befundenen Fehlern, da einstweilen der Stückmstr. Abtrit nimmt, einem allgemeinen und wohlgeprüften Gutachten überlassen und sodann die Strafe dictirt, und dann nach Berichtigung der Cassen und andern dabey vorkommenten Gnügleistungen zum Meisterspruch geschritten …”
„Wird ein Meisterssohn Meister, so hat er an die Innung zu bezahlen 20 rl. und ein Fremder 36 Thlr. Jedoch kann (können) die an den Meisterstücken befundenen Fehler nicht mit veraccortirt werden, der Rauchtaback auch nicht, und dem Handwerks Schreiber ins Meisterbuch einzucorpiren bleibt freier Wille, nur unter 2 gr. nicht.
4. Bleibt es dabey, wie es längst allgemein bekannt ist, daß bei einem ieden Meisterstück das Frühstück durchaus nicht veraccortirt, sondern bey Meistersöhnen und Fremden muß es der Stückmstr. (Jungmstr.) in Natur herstellen bei Aufweisung des Meisterstücks. Und dem jungen angehenden Stück-Mstr. bleibts sein freier Wille, was er nach seinen Kräften dabey präsentiren will.”
Die ältesten Niederschriften der Sch. Schneider-Innung sind unleserlich geworden, zeigen nur noch die Jahreszahl 1543 unter den ersten und ältesten „Spezial Articule”.
Im „Articulbuch” v. J. 1666 steht die 1. Meisterbesprechung v. J. 1675. Da im Vorstehenden aufgedinge und Lossprechen mehrmals wörtlich Platz gefunden haben, mögen auch einige der „Meistersprechen” angeführt sein.
- dato den 29. Juni Ist Christian Scheretz Vor Einem Erbarn Handtwergk der Schneider Vorgestanden Und Zu einem Meister gesprochen worden. Hat auch Sein Meister Eßen geben alß wie breuchlich ist, giebt einem Handtwergk eine MahlZeit Und ein Viertel bier. Und muß 8 fl. in die Ladt geben. Darbey hält er auch bey Ein. Erbarn Handtwergk an, daß er Will ein Jahr Draußen auf den Dorff Arbeiten, Was unser Refirr belanget. Darbey wird es ihm zugelaßen wegen der Jungferansagung halben (Heiratsabsicht!). Hingegen, wo er sich Unter Jahr nicht wird wieder einstellen, so soll er dencken, daß er sich wieder mit dem Handwergk Vertragen muß. Und muß Sich auch darbey Verehelichen. Geschehn bey Vor Meister Christoph Piltzen, Vor Mstr. Aa. 1675.
- Beide dato dem 2. Augusti Anno 1692; so ist Gabriel Graubner bey einem Erbarn handtwergk im beysein deß H. richters vor offner Lahte erschünen, dieweil er bey Unsern genatigsten Churfürst und Herrn einen beyfehl (Befehl) Erlanget, und eine genathe Stell (Gnadenstelle) vergönnt, und daß Handtwergk hatt eß nicht bülichermaßen (billigermaßen) können noch wollen abschlagen, sondern jhm gar gerne Zu einem gnatn Meister annöhmen, worauf Er auch seine Meisterstücke gemacht hatt und waß er gefehlet hat, so hatt er dem Handwerk 2 fl zur Strafe gegeben, und darauf hatt ihm auch daß Handwergk Zu einen genadn Meister gesprochen, ohne alle unkosten, weder speiß noch Dranck von ihm genoßen noch bekommen, solches ist geschehen bey VorMeister Johann Knoht.
PS. Und vor der obgemelten 2 fl strafe so hatt Er dem Handwergk eine Mallzeidt (Mahlzeit) außgericht. - Dato, den 9. Oktobr Anno 1703. Erscheinet Johann Heinrich Hüller vor offener laden, bringet an und vor, daß er willens, sein Meisterrecht an sich zu bringen, welches wir ihm auch nicht können noch wollen abschlagen, weil ihm ohndiß dieses von unserer löblichen vorgesetzten obrigkeit berechtiget und ihm versprochen, indem er sich ihrer Königl. Majestät In Pohlen und Churfürstl. Durchl. Zu Sachsen, unsern aller gnädigsten Herrn, zu Einem Devensoner (Landesverteidiger-Soldat) vor unser städigen Scheubenbergk zu ziehen versprochen; doch hatt er sein Meisterstück verfertiget, wie Eines Meisters Sohn zukömpt, hadt auch darbey Einem. E. handtwergk eine Ergötzlichkeit gegeben, darmidt sie alle wohl zufrieden gebesen, darbey ist er vor offener laden zu einem Stadt-M. gesprochen worden; welches geschehen bey dem H. Vor Meister Johann Knohten.
- Demnach (hat) sich Johann Georg Kuntz Mann von Schwartzenbergk bey E. erb. Handtwerk wiederumb angemeldet und (ist) willens, nach seiner dreymahl Muthung sein Meister Recht an sich zu bringen, welches ihm auch von E. E. Handtwerk bewilligt wurde, und hat alßo nach Löbl. Handwerksbrauch, wie es einem LandtMeister Einget und gebühret, sein MeiterStück in abriß verferdiget; was anlanget seine wenigen Fehler, so hat er sich auch verglichen, hat auch E. E. Handtwerk nach geschlossenen Accort bar vergnüget mit Neun gülten Meygnischer (Meißnischer) Werth, auch der Kirche u. Ein. Ehrnvesten Rath allhier bar vergnüget, und wegen des Jungen Meisteramtes so hat Er sich mit Einen gülten verglichen, und weilen weider hierinnen nichts wi(e)der ihme einzuwendten war, so wurde Er vor offner Lade u. Ein. ganzen Handtwerksversammlung zu Einem Ehrlichen Landt Meister auf groß Pöhlau (Großpöhla) gesprochen; Geschehen bey dießerzeit vorMeister Hr. Paul Biltz Aa. 1753 den 20. Marty.
- dato den 31. May 1845. Nachdem Carl Heinrich Wolf aus Markersbach sich mit allen legitimirt, auch seine Confeszion produtirt, und sein Mstrstück in Natur beim Obermstr. verfertigt hat (nach Aufweisung und ausmeßung deßelben wurden die unbedeutene daran befundenen Fehler nicht in Strafe gezogen), ist derselbe im Beisein unsers Herrn Bürger-Mstrs. Stiehler u. gerichtl. Beisitzers Herrn Stdtr. Lorenz und dem versammelten Ehrb. Handwerk vor offner Lade zum Meister gesprochen und seines Meisterspruchs würdig ins Meisterbuch eincorporirt worden mit anwünschung Gottes Gnade und Segen. Der Zeit Ober Mstr. Christ. Friedr. Müller …..
Im „Artikelbuch” sind 15, im Meisterbuch 192 Meistersprüche enthalten. In den Jahren 1846 – 71 fehlen derartige Eintragungen.
Die Namen der zuletzt eingetragenen Meister sind: Albin Roscher und Hermann Dittrich.
Seit dem 14. Juni 1859 wird in der hiesigen Schneider-Innung auch ein besonderes Protokollbuch gehandhabt. In diesem sind die Statuten der ehemaligen Leichenkasse festgelegt, ferner enthält das Buch verschiedene Register für Darlehnsnehmer, Meister aus verschiedenen Orten u. s. f. wertvoll mag für die noch jetzt zur Innung gehörenden Meister der Einblick in die Geschichte des Ehrb. Handwerks der Schneider zu Scheibenberg sein; das letzte Protokoll vom Jahre 1898 am 27. Dezember erwähnt die Auflösung der Innung wegen ungenügender Mitgliedszahl. Erst am 8.10.1924 wurde neu eingetragen, daß die Scheibenberger Schneider nunmehr der Buchholzer Zwangs-Innung angehören. Am genannten Tage fand auch die Neuweihe der bis dahin im hiesigen Rathause aufbewahrten alten lieben Innungsinventarien statt im „Reichsadler”, der ständigen Quartalsherberge, als: Innungsfahne, Lade und Krug. Die Fahne ist repariert worden, die alte wurde bereits am 11. Juni 1889 durch Frau Meisterin Roscher zum Eintrittstag ihres Gatten in die Innung mit einer prächtigen grünseidenen Schleife beschenkt. Wenn auch dem Gegenwartsmenschen derartige Sitten und Gebräuche „veraltet” und „überlebt” erscheinen, so hängt doch den „Meistern” ihr ganzes Herz daran, weil Beruf und Geschichte desselben ein „heiliges Gedenken” in der „Lade” verkörpern.
Aag.