Erzgebirgische Heimatblätter. Nr. 46 – Sonntag, den 11. November 1928. S. 3.
Kapitel 5.
Von der Erden Beschaffenheit, Grund und Fruchtbarkeit.
Wo viel Holz und Gebirge ist, wächst wenig Korn. Wo die Frostfeuer groß sind, sind die Getreidescheunen leer und klein; man findet immer mehr Holz, den Backofen zu heizen, als Korn auf die Mühle zu schaffen. Wir leben nun nicht auf wildem ungebahnten Boden, sondern dieses nun erbaute Obererzgebirge ist gottlos viel besser angelegt, temperiert und weit wärmer und fruchtbarer, denn da es wüste und unbewohnt gelegen. Die Wälder sind verhauen, die Berge gelichtet, die Plätze geräumt, Felder und Wiesen an Bergen und Gründen, an Gehängen und Ebenen erbaut. Nun kann die Sonne besser durchdringen, die Luft durchstreichen, daß auch Leute auf Bergen und Wäldern ihren Aufenthalt haben können, sehen die liebe Sonne eher auf- und langsamer niedergehen, dadurch das Getreide, Metalle und Kräuter veredelt und gezeitigt werden. Insgemein ist aber zu wissen, daß dieses Obererzgebirges Grund und Boden nicht einerlei sei, wie es denn in einem mit so vielen Bergen und Tälern, Höhen und Tiefen, Krümmen, Klingen und Schluchten vermengten gebirgischen Strich nicht anders sein kann. Die Felder, die unter den Bergen liegen, sind von der herabsinkenden Geile immer fett, frech, feucht und wassergällig, die langsam zum Felde und Samenacker können gemacht werden; denn wenn man stracks darauf drängt, so verdirbt das Getreide im Gras und Unkraut. Aber das Kopfkraut, wenn es wohl gehackt und also das geile Unkraut damit ausgerottet wird, wächst sehr wohl, wie um Annenberg, Wiesenthal, Scheibenberg zu sehen, und hernach bei dürren Jahren guter Weizen, Korn, Gerste und dergl., daß man etlicher Orten von einem gedüngten und wohl zugerichteten Acker zehn Jahre Nutzen nehmen kann: Kraut, Weizen, Korn, Flachs, Hafer und fünf Jahre gutes Gras. Andere Felder, die vorm Wald und an Wassern liegen, sind teils wässerig, teils dürr, grindig und heißgrätig, daß man sie gar wenig genießen kann, sonderlich wo alte Berghalden und Schürfe liegen, daraus giftige mineralische Quellen und Wassergallen kommen. Säet man in der Dürre darein, so geht der Same langsam auf; ist es dann naß, so erfrieren die Felder, und alles ersäuft und verfault, da es wegen der Verzögerung und des Frostes nicht reifen kann. Meinen ferneren Bericht muß ich nach Unterschied der Orte stellen.
Der Grund und Boden um Scheibenberg ist hinter dem Hügel schieferig, vor dem Hügel zum Teil morastig und sumpfig gegen den Schlettauerwald und Brünles im Mittel eines Pistolenschusses breit, leimig, zwei Lachtern tief, darauf erstlich eine schwarze Erde, danach 1½ Ellen tief lauter Wacken und noch unter dem Leim andere große zehn- und zwanzigzentnerische Wacken, wie man im Kellergraben dieses schreckliche Gerülle von der Sintflut angetroffen. Neben dem Strich nach Schwarzbach zu gibt es in Wiesen unter dem Rasen eine schwarze salpeterische Erde gleich dem holländischen Torf, welches sie Moth nennen, daraus sie Mothziegel gemacht, wie noch der Ort, die Mothschupfe, bezeugt. Um Ehrenfriedersdorf ist die Seite gegen den Säuberg sehr fruchtbar, daß man nach einmal düngen zehnmal Korn bauen und wegnehmen kann; es trägt aber nur Korn und Gras, keinen Weizen, Gerste, Flachs noch Hafer. Um Wolkenstein ist eine gute geschlackte Erde, sonderlich die an seichten Gebirgen mit schönen Brunnquellen, deren es sehr viel gibt, durchwässert wird, daher daselbst allerlei Gräserei und gute Gartenfrüchte nebst den mancherlei selbstwachsenden Kträutern überflüssig gezeugt werden; hierneben ist es schon um ein Gutes zum Kornbau bequemer, sonderlich in der Gegend nach Olbersdorf, Scharfenstein und anderen benachbarten Orten zu, als um und hinter Marienberg, allwo man dem Land gute Worte geben muß, wenn es reich schütten soll. Dagegen gibt es viel Hafer, der von den Dorfleuten auch zum Brot gemahlen und gebacken wird; inzwischen fehlt es zu Wolkenstein und Scharfenstein an großen Felsen, Steinen, auch unter der Erde verborgenen vielen Knochen und Knauern so wenig als um Geyer, Thum und Grünhain, wie auch an vielen Wacken und Feldsteinen, welche sich, je öfter das Land umgearbeitet wird, je häufiger finden und von den Hausvätern ausgearbeitet und zu großen Haufen getragen werden, daß man sich über die Mauern um die Felder und die dabei getane große Arbeit nicht satt verwundern kann. Um Mildenau ist ein guter und fruchtbarer Boden; zu Albertsheim und in dem ganzen lustigen Grunde daselbst, welchen die Floe durchschweift, ist ein sehr guter Boden, daß die Früchte meistenteils gut geraten. Jedoch braucht der Landmann wie zu Lengefeld und anderen Orten auch wohl zu guter Zeit das Hafermehl mit zu seinem Brote. Um Schönbrunn, Wiese, Falkenbach, Drehbach und Streckewald bauen sie viel Rüben, die sie Winterszeit in Gruben unter der Erde vor dem Froste verwahren, vor Menschen und Vieh, welche aber an anderen Orten so wohl nicht geraten. Um Elterlein ist das Land scharf und sandig; um Buchholtz, Fichtel- und Annenberg steinig und wackig, auf Johanngeorgenstadt, Satzung und Gottesgab wird wegen der Wildigkeit und Kälte gar wenig oder nichts gebaut. Am Oberfichtelberg wollen die angelegten Samenäcker ungeachtet des kostbaren Düngens nicht arten, bleiben meist zu Gras- oder Krautfeld liegen; sonst hat es besonders in Unterwiesenthal und auf dem Hammer gute Erde, darin Korn, Gerste, Flachs und Hafer wächst, aber aus Mangel der warmen Sonne kann es selten reif werden, wie auch in Jöhstadt, da das liebe Getreide selten also verkommt, daß man es zum Backen und Samen brauchen könnte. Ja, man hat an einigen wilderichen Orten wahrgenommen: wenn das Feld zugerichtet und gebaut worden ist es in etlichen Jahren wieder ganz in wilde Heide degeneriert.