Erzgebirgisches Sonntagsblatt 119. Jahrgang, Nr. 33, 15. August 1926, S. 1
Cunersdorf verdankt seine Entstehung wohl der Paßstraße, welche durch das Sehmatal nach Böhmen führte. Es liegt in einem Seitentale, welches von der Tiefe dieses ersteren Tales (ca. 570 m über dem Meere) sich bis auf den Bergrücken erstreckt, der das Sehma- und Pöhlatal voneinander trennt. Das letzte Haus auf der Höhe, an der Annaberg-Bärensteiner Staatsstraße gelegen, ist der Gasthof „Morgensonne” (699 m über dem Meere). Etwa mitten im Dorfe liegen Kirche, Pfarre, Schule und Erbgericht.
Die Gründungszeit von Cunersdorf ist nicht nachweisbar; es geht jedoch die Sage, daß den drei Söhnen des Ritters Hermann (Gründers von Hermannsdorf) die umliegenden Ländereien dergestalt zugefallen seien, daß sie sich gleichfalls Ortschaften erbauen konnten, die sie nach ihren Namen benannten. So gründeten Conrad Conradsdorf (das heutige Cunersdorf), Simon Simonsdorf (jetzt Sehma) und Walther Walthersdorf.
In früheren Zeiten wurde in Cunersdorf Bergbau auf Silbererzge betrieben; bekannt ist die Grube „Himmlisch Heer” am sog. Prözel an der Rainung zwischen Kleinrückerswalde und Cunersdorf. Die in dieser Gegend gangbaren 80 verschiedenen Gruben verteilten zu Anfang des 16. Jahrhunderts an ihre verschiedenen Gewerke ansehnliche Ausbeuten, so allein die Gruben am Prözel von 1498-1519 zusammen 310690 Meißner Gulden. Kurz darnach ließ der Ertrag wesentlich nach, dann besserte er sich von 1536-1593 auf 619348 Taler und hörte später ganz auf. Nach 1855 wurde „Himmlisch Heer” ohne besondere Erfolge nochmals in Betrieb genommen; dieser wurde aber nach wenigen Jahren gänzlich eingestellt. Das alte Huthaus des Schachtes brannte 1904 ab und wurde darnach als Wohnhaus wieder aufgebaut. Die Gegend von „Himmlisch Heer” ist auch deshalb nicht ohne geschichtliches Interesse, weil die nördliche derselben dem Herzog, die südliche aber dem Kurfürsten von Sachsen seit der Teilung von 1485 gehörte, bis 1547 beide vereinigt wurden.
Auch jetzt existieren hier noch mehrere Stollen, die ausdauerndes Trinkwasser liefern.
Der Ort hat gegenwärtig etwa 1500 Einwohner, teils Landwirte, teils Arbeiter, welche ihrem Berufe in den Fabriken von Annaberg, Buchholz und Umgebung nachgehen. An seinem unteren Ende befand sich früher, nach der „Dorothee” in Buchholz zu gelegen, die alte „Katzenmühle”, die durch eine Sagen-Ballade Widar Ziehnert’s weithin bekannt war, und vor etwa 25 Jahren ein Raub der Flammen wurde.
Eine eigene Pfarrkirche hat Cunersdorf seit dem Jahre 1897 und an ihr wirkt seit dem März desselben Jahres heute noch Pfarrer Högner.
In schulischer Beziehung gehörte Cunersdorf ebenso wie kirchlich ehemals zu Sehma. Wann zum ersten Male im Orte selbst ein Lehrer angestellt wurde, ist nicht bekannt. „Schulhalter” hat es aber schon vor dem Jahre 1744 gegeben. In diesem Jahre ließ nämlich der Erb- und Lehnrichter zu Cunersdorf, Christian Gotthilf Burkhardt, auf eigene Kosten, „damit der dasige Schulhalter (derzeit Christian Gottlieb Dietze) nunmehr des mühsamen und öfters mit vielen Murren der Einwohner verknüpften Herumziehens in ihre Häuser zu Cunersdorf, so nach der Reihe geschehen, und öfters schlechte Stuben, darin er informieren sollen, beziehen müssen, überhoben sein könne”, ein Schulhaus mit einer Schulstube und einer Wohnung für den Schulhalter erbauen, wozu ihm vom Kirchenregimente 25 Taler Beihilfe gewährt wurden. – Dieses älteste Schulhaus befindet sich noch heute (fast in seiner ursprünglichen Gestalt) etwas unterhalb des „Erbgerichts” an der linken Seite der Dorfstraße und trägt die Hausnummer 5a. Seit etwa 30 Jahren befand es sich im Besitze des Schuhmachermeisters Emil Lötsch, der heute noch rüstig seinen Beruf ausübt, das Grundstück aber vor einigen Jahren an seinen Sohn, den Schuhmachermeister Paul Lötsch verkaufte.
Im Jahre 1846 machte sich ein Schulneubau notwendig und diesen finden wir in demselben Zustande, wie ihn das Bild zeigt, einige Schritte abwärts vom alten Schulhause auf der anderen Seite der Straße. Dieses neuere Schulhaus trägt die Hausnummer 5b und gehört dem Materialwarenhändler P. Beier. Die Türe zum Ladengeschäft ist auf dem Bilde an der rechten Seite des Erdgeschosses zu erkennen.
Dieses zweite Schulgebäude genügte aber seinen Zwecken nicht auf lange Dauer und schon in den Jahren 1880/81 sah man sich gezwungen, an einen größeren Neubau zu gehen. Dieser entstand gerade gegenüber dem Orte, an welchem 16 Jahre später das neue Gotteshaus an einem Abhang erbaut wurde. Das leicht erkennbare Gebäude liegt – ebenfalls in großer Nähe seiner Vorgänger – an der Dorfstraße unter Nr. 8c. Es enthält Wohnräume für einen Hauptlehrer (den Kantor) und einen Hilfslehrer. Aber auch dieser Neubau mußte im Jahre 1909 erweitert werden und zwar wurde der Teil hinzugebaut, durch den die bisher 7 Fenster zählende Hausfront nach links hin auf 11 Fenster erweitert wurde. An der Schule wirken jetzt als Lehrkräfte drei Hauptlehrer und zwei Hilfslehrer.
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