Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 2 – Sonntag, den 8. Januar 1928, S. 3.
Im Evangelium Matthäi werden die heiligen drei Könige als die Weisen vom Morgenlande bezeichnet. Weise oder Magier gab es besonders im alten Persien und in Babylonien. Dort waren sie eine Art Priesterkaste und zugleich Gelehrte, denen die Aufgabe oblag, Sterne am Himmel zu beobachten, sonstige Naturerkenntnisse zu sammeln, Träume auszudeuten, die Monarchen zu beraten und die Prinzen zu erziehen. Nun bezeichneten die Juden damals Arabien allgemein als das Morgenland, und so hätten die drei Weisen nicht aus Babylonien oder Persien, sondern aus Arabien gestammt. Sie sind im Christentum schon sehr früh recht volkstümlich geworden; denn in den römischen Katakomben sind Bildnisse der drei Weisen aus dem Morgenlande gefunden worden, die auf das zweite Jahrhundert zurückgehen. Insgesamt wurden in den Katakomben von Rom mehr als zwanzig Wandmalereien gefunden, auf denen die heiligen drei Könige abgebildet sind. Noch viel häufiger war ihr Bildnis mit Maria und dem Jesuskindlein auf Sarkophagen abgebildet. Sarkophage mit solchen Bildnissen wurden auch in anderen Gegenden Italiens, in Spanien und Frankreich aufgefunden. Zunächst waren die drei Weisen aus dem Morgenlande aber noch keine Könige, und keiner von ihnen hatte einen besonderen Namen. Sie galten damals einfach als drei Stammesfürsten; von manchen wurden sie auch angesehen als die drei Vertreter der Stämme, die nach der Sintflut wieder emporkamen. Bis dahin trugen die drei Weisen auf den Bildnissen stets eine Art Priesterkleidung. Im siebenten Jahrhundert machte sich dann eine Wandlung bemerkbar. Die drei Weisen erhielten nun die Namen Caspar, Melchior und Balthasar, und zugleich wurden sie jetzt auf den Bildnissen nicht mehr als Priester dargestellt, sondern als Fürsten mit kronenartigen Kopfbedeckungen. Als wirkliche Könige mit Kronen erscheinen sie seit dem neunten Jahrhundert.