Eine Winterfahrt ins Landheim Jöhstadt.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 5 – Sonntag, den 29. Januar 1928, S. 2

Landheim Jöhstadt.

Als es vom Turme 8 Uhr schlug, fuhr unsere Klasse mit Schneeschuhen von der Katholischen Kirche ab. Einer fuhr hinter dem andern. Ab und zu stürzte einer und wurde fast vom Hintermann angefahren. Doch bald erreichten wir die Höhe. Oben wurde als Treffpunkt die Königswalder Kirche bestimmt, und dann fuhren wir los. Zuerst wollte es nicht recht vom Fleck gehen, doch wir halfen immer mit den Stöcken nach. Als es dann etwas schneller ging, kam plötzlich Sturzacker, und man machte Bekanntschaft mit dem Erdboden. So erreichten wir, nachdem wir öfters den Schnee von den Brettern abkratzten, die Königswalder Dorfstraße. Plötzlich riß mir die Bindung. Nachdem ich die Schneeschuhe eine Zeit lang getragen hatte, erreichte ich einen Sattler. Bald war der Schaden wieder behoben, und es konnte weitergehen. Nachdem wir eine dreiviertel Stunde gefahren waren, erreichten wir das Landheim, wo wir von Fräulein Köhler freundlich aufgenommen wurden. Auf dem Wege zum Landheim hatten wir noch zwei Klassen getroffen. Nun waren wir über achtzig Mann, und alle brachten einen tüchtigen Hunger mit.

Bald trugen einige freiwillige Küchendienste unzählige Teller mit Erbswurstsuppe in den Elternraum. Alle diese Teller wurden auch mit gutem Appetit geleert. Nachdem wir gegessen hatten, gingen wir hinaus auf die Straße. Wir beschossen uns mit Schneebällen und einige probierten aus, wie die Schlittenfahrt den Berg hinunter ging. Nach einiger Zeit machten sich alle fertig zur Abfahrt, und nachdem wir uns von Fräulein Köhler verabschiedet hatten, ging es zurück nach Königswalde. Die Schlitten fuhren am schnellsten, denn wir Schneeschuhfahrer kamen mit den Füßen in die Wagenspuren hinein. Doch bald war die schöne Fahrt zu Ende und wir waren wieder in Königswalde angelangt. Hier teilten wir uns unter Führung je eines Lehrers in drei Gruppen. Die erste ging über Geyersdorf, die zweite über den Marktsteig und die dritte über die Morgensonne nach Annaberg zurück. So haben wir wieder durch unser schönes Landheim einen fröhlichen Wandertag erlebt.

Helmut Selbmann.