Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 10 – Sonntag, den 6. März 1927, S. 3
In früheren Zeiten hat es eine Reihe von milden Wintern in Mitteldeutschland gegeben. Es heißt, anno 1172 war ein so weicher Winter, daß die Vögel im Februar schon Junge ausgebrütet hatten. – 1178 war im Anfang sehr gelinde, deswegen auch die Blüten zeitig hervorbrachen; aber in der Mitte des Märzes bis in die Mitte des Mays verderbte die große Kälte allen Wein und Früchte. – Anno 1186 ist ein so gelinder Winter und um Weihnachten so warm gewesen, daß die Bäume im Januario zu blühen angefangen, und die Aepfel im Februario bereits so groß als die welschen Nüsse gewesen, auch hat der Wein und Getreyde zeitlich geblühet und weil keine Kälte und Frost darauf erfolget, so war zu Ende des (alten) Mays Erndte in Thüringen und am Harze und zu Anfang August die Weinlese, auch ein sehr fruchtbar Jahr, und an Korn und Wein ein Ueberfluß worden. – Anno 1232: ein warmer Winter, der kaum sechzehn kalte Tage hatte. – 1286 waren die drei letzten Monate des Jahres so warm, daß nicht allein Bäume und Rosen blüheten, sondern auch auf Weihnachten sich die Kinder in den Flüssen badeten! – Anno 1328 war ein so warmer Winter, daß im Erzgebirge im Jänner die Bäume blüheten und im May geerntet wurde. – 1240: ein solcher warmer Winter, daß im April die Hecken voll Rosen standen, und man hatte zeitige Kirschen im May, im Julius aber Weinbeeren gefunden. Doch fiel in diesem Monat ein starker Reif, der den Wein ganz verderbte. – Anno 1427 war zwischen Nikolai- und Luciätag Laub und Blüte an den Bäumen, auch Korn und Blumen auf dem Felde. – 1473 hatten die Obstbäume und das Wintergetreyde am Gründonnerstag meistens ausgeblüht. – 1479: ein sehr warmer Winter und durchaus kein Schnee.- Ein sehr heißer Sommer, ohne Regen zwischen Pfingsten und Michaelis, daß man um Petri- und Paulitag nicht mehr mahlen konnte; sonst ein fruchtbares Jahr. – Anno 1538 war der Sommer sehr kalt; hingegen trugen die Jungfern auf das Neujahr Kränze von Violett und Kornblumen. – Anno 1555 oder 1557 blühten einige Bäume im Herbst, am Michaelistag gab es Erdbeeren, am Luciätage Rosen. – 1559 fing man in Sachsen gleich nach dem … Jahre wegen der Wärme an, Hafer zu säen. Im März blühten die Bäume; ein kalter April aber verdarb alles.