Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 35 – Sonntag, den 26. August 1928, S. 3
Das Glockengeläute im Leidenswalde bei Platten.
(Mündlich.)
Fünfzehn Minuten von Platten liegt ein Wald, der Leidenswald genannt; in diesem soll vor vielen Jahren ein Mann nach seinem Tode seines gottlosen Lebenswandels wegen verbannt gewesen sein. Wenn man früher durch diesen Wald ging, hörte man ein leises Glockengeläute; dasselbe ist aber verstummt, seit man in dem nahen Platten des Nachts 12 Uhr eine Glocke läutet. Die Leute glauben nun, daß damit auch der Verbannte im Leidenswalde erlöst worden sei.
Die alte Frau in der Isenburg.
(Mündlich.)
In dem jetzigen Mehlhornschen Gute neben der Pfarr in Wildbach diente vor Jahren ein Mädchen, welches draußen bei der damals noch besser erhaltenen Isenburg die Kühe hüten mußte. Zu diesem Mädchen kam eines Vormittags eine alte Frau, welche von ihm verlangte, es sollte mit ihr gehen. Sie führte dasselbe hierauf zwischen das zerfallene Gemäuer der Burg und hier in ein bis dahin verborgen gewesenes Zimmer, dessen Tür sie wieder zuschloß. Dann verlangte sie, das Mädchen solle ihr das Zimmer kehren. Als solches geschehen war, gab sie ihm zum Lohne 2 Groschen. Dies wiederholte sich vielmals; jedesmal, wenn das Mädchen das Wohnzimmer der Frau ausgekehrt hatte, erhielt es 2 Groschen. Da geschah es, daß das Mädchen einmal zum Jahrmarkte nach Schneeberg ging. In der Abwesenheit öffnete die Bäuerin, welche bereits längst gemerkt hatte, wie ihre Dienstmagd mehr Geld besaß, als sie zum Lohne erhielt, deren Lade und fand darin eine große Menge Zweigroschenstücke. Als nun das Mädchen am Abend wieder heim kam, erzählte es auf dringendes Befragen die Geschichte, wie es zu dem vielen Gelde gekommen war. Von dieser Zeit an ist ihm jedoch die alte Frau von der Isenburg nie wieder erschienen.
Gespenstische Frauen in Eibenstock.
(Mündlich.)
Wenn man in Eibenstock in der Johannisnacht um 12 Uhr um eine gewisse Straßenecke geht, so sieht man eine weiße Frau mit einem weißen Tragkorbe. Redet man dieselbe furchtlos an, so wird man von ihr beschenkt. — Auf dem alten Gottesacker befindet sich eine Begräbnishalle, in welcher oft des Nachts eine Frau mit einem Kindlein auf dem Arme gesehen wurde, die heftig weinte. Welche Bewandtnis es mit dieser Frau hat, kann niemand sagen.