Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 37 – Sonntag, den 25. September 1927, S. 1
Unser Titelbild zeigt einen Ausschnitt aus unserer erzgebirgischen Heimat, ein Stück Berglandschaft, das auch im Wandel der Zeiten unverändert geblieben ist bis auf den heutigen Tag. Wenn wir nicht auf dem altbekannten, bewaldeten Bergrücken des Bärensteins den inzwischen entstandenen Turm des Unterkunftshauses vermissen würden, so könnte das Bild gewiß eine Federzeichnung neuerer Zeit sein! Aber auch das alte Botenfuhrwerk mahnt doch an alte Zeiten. Neben Auto und Motorrad rollt wohl hin und wieder auch heute noch gemächlich ein alter Planenwagen über die Crottendorf-Neudorfer Straße, aber im moderneren Straßenbild gehört er doch schon zu den Seltenheiten. Wie lange werden die alten Botenfuhrwerke sich auch noch behaupten? Ganz vereinzelt sieht man sie u. a. noch auf den Straßen zwischen Annaberg-Buchholz-Crottendorf. Auch nach Neudorf und nach Bärenstein verkehren noch solch alte Fuhrwerke und bei ihrem Anblick schweifen unsere Gedanken wohl zurück in die alte gute Zeit, wo in unserem Erzgebirge noch die Verleger einer friedlichen Heimarbeit Tür und Tor öffneten.
Der alte Posamentierstuhl klapperte fast in jedem Haus, und fleißig flogen die Klöppel von Hand zu Hand. Eine Zeit war das, wo reicher Segen über unser Heimatland kam und wo der Grundstein zu unserer späteren blühenden Posamenten-Industrie gelegt wurde. „Doch wenn m’sch Lab’n racht betracht, ’s war a e Hann’l Tog un Nacht!“ Nur wer dem Botenmann ein recht großes Paket für den Verleger mitgeben konnte, hatte auch reichlichen Lohn. Anton Günthers Klöppellied mahnt deshalb noch heute fleißig zur Arbeit und unsere erzgebirgischen Mädel singen dieses Lied in Erinnerung an die alte gute Zeit noch heute mit besonderer Freude:
Tut m’r ’s Zohl schü machn,
Kah m’r an Sonnomd lachn,
Wenn m’r a Stückl Bordn forttrog’n kah.
Drim loß ich da Klippl springa,
Tu m’r a Liedl singa,
Denn war flässig is, kriecht aa en Mah.
Klipp, klapp, klipp Klippl klipp klapp.
S.